Grundschullehrerin im Interview
Schulzeit

Grundschullehrerin im Interview – Tipps zur Einschulung

Es folgt ein Interview einer Grundschullehrerin sowie Tipps zur Einschulung weiter unten im Text!

Liebe Sandra, magst du uns kurz erzählen, wie viele Jahre du bereits als Grundschullehrerin arbeitest und welche Schwerpunkte du hast? 
Ich arbeite seit 12 Jahren als Grundschullehrerin (inklusive 2 Babypausen). Zurzeit unterrichte ich hauptsächlich Englisch, habe aber auch schon Kunst, Sachunterricht, Deutsch und Religion unterrichtet. Ich habe momentan keine eigene Klasse, bin also Fachlehrerin
in verschiedenen Klassenstufen.
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Wer das Interview überspringen möchte, findet am Ende die Tipps zur Einschulung!

1. Warum hast du dich entschieden, Grundschullehrerin zu werden?

Im Referendariat habe ich in der Grundschule sowie in einer Stadtteilschule (Klasse 5 – Klasse 10)
unterrichtet. So konnte ich beides kennen lernen. Während die höheren Jahrgänge eher
fachbezogen sind, wirkt man in der Grundschule hauptsächlich erzieherisch. Ich fühlte mich eher in
der Grundschule zu Hause.

2. Erinnerst du dich noch, als du zum ersten Mal allein vor einer Klasse unterrichten
musstest? Wie war das für dich?
In der Zeit des Referendariats musste ich von Anfang an 15 Stunden pro Woche allein vor der Klasse
stehen. Ich war ziemlich aufgeregt in der ersten Zeit. Ich glaube, ich habe in einer 4.Klasse  Englisch unterrichtet.

Ich hatte die Stunde minutiös vorbereitet und war froh, dass die Kinder Freude hatten.

Schlimmer war meine Erfahrung vor 30 unmotivierten 8-Klässlern im Grundkurs
einer damaligen Gesamtschule. Ich war mehr damit beschäftigt für Ruhe zu sorgen, als dass ich
dazu kam, meinen detailliert vorbereiteten Unterricht durchzuführen. Ich musste feststellen, dass
einen das Studium zwar fachlich gut vorbereitet, aber nicht für die Praxis.

3. Hat sich deine Sicht auf die Kinder der Klasse und ihr Verhalten verändert, seitdem du
selbst Mutter bist?
Ja, sehr! Ich kann mich einfach viel besser in die Lage der Eltern einfühlen und deren Sorgen,
Ängste nachvollziehen. So kann ich in Gesprächen auch besser darauf eingehen. Auch sehe ich oft
Parallelen zu meinen Kindern. Besonders in der Grundschule verhält man sich dann eben oft
„mütterlich“ und ist so für die Schüler eine in der Hinsicht „erfahrene“ Bezugsperson und nicht nur Grundschullehrerin.

4. Welche Fächer werden in der Grundschule unterrichtet?

Deutsch, Mathe, Sachunterricht, Englisch, Kunst, Sport, Religion, Musik. Manche Schulen bieten
noch zusätzliche Fächer an, z.B. Plattdeutsch oder auch JEKI („Jedem Kind ein Instrument“)

5. Was sind Kann-Kinder?
Kinder, die ab dem 1.8. geboren wurden und trotzdem ein Jahr früher eingeschult werden sollen,
auf Wunsch der Eltern und Beratung durch die Schule.

6. Als die Einschulung deiner Tochter anstand, wonach hast du entschieden, welche Schule sie
besuchen soll?
Es standen zwei Schulen im Einzugsgebiet zur Auswahl. Ich habe mich über die Schulprofile und
das Ganztagsangebot informiert und mich für ihre Schule entschieden.

7. Kannst du Eltern einen Leitfaden geben, der ihnen bei der Auswahl der Schule helfen könnte?

Folgende Punkte können bei der Auswahl der Schule helfen:

  • Schulweg – Soll mein Kind zukünftig den Schulweg auch allein bewältigen können (zu
    Fuß/Roller/Fahrrad), liegt die Schule weiter weg, muss ich mein Kind hinbringen und
    abholen können.
  • Schulprofil – Hat die Schule besondere Angebote oder Projekte, Begabungsförderung,
    Sprachförderung, besondere Profile (z.B. Sportprofil)
  • Größe der Schule – Findet sich mein Kind eher in einer kleinen, überschaubaren Schule
    zurecht? Oder finde ich eher eine große Schule mit vielen Schülern und Lehrern
    vorteilhafter?
  • Ganztagsangebot – gebunden oder nicht gebunden (mehr dazu später)
  • Flexibilität der Hol- und Bringzeiten – Gibt es feste Zeiten oder z.B. eine offene
    Eingangsphase? Welche Abholzeiten gibt es am Nachmittag und wie flexibel wird es
    dort gehandhabt?
  • Freunde der Kinder – Gehen auch Freunde meiner Kinder z.B. aus der Kitazeit in die
    gleiche Schule? Gibt es Kinder aus der Nachbarschaft, die den gleichen Schulweg haben
    und vielleicht später zusammen gehen können?

8. Es gibt so etwas wie Schulmessen im eigenen Stadtgebiet, kannst du einen Besuch dort
empfehlen?
Auf jeden Fall! Dort sind auch immer Lehrkräfte der Schule, denen man Fragen stellen kann.

9. Siehst du einen Unterschied darin, ob eine Schule 2 oder zum Beispiel 5 Züge hat?

Eine kleinere Schule ist familiärer, übersichtlicher. Andererseits sind große Schulen oft
personell besser ausgestattet und haben häufig mehr Angebote und Räumlichkeiten.

10. Kannst du vielleicht kurz die Unterschiede der offenen und nicht offenen Ganztagsschulen
anreißen? Zu meiner Schulzeit gab es diese Möglichkeiten nicht und Kinder wurden immer
um 13 Uhr abgeholt.

GBS vs. GTS

Heute gibt es an vielen Schulen Nachmittagsbetreuungen. Es gibt in Hamburg gebundene und offene Ganztagsschulen.

Die gebundene Ganztagsschule (GBS): Hier ist die Kernzeit von 8 – 16 Uhr (an drei oder vier Tagen)
verpflichtend. Allerdings sind hier Unterricht und Freizeitangebote über den Tag verteilt.


Die offene Ganztagsschule (GTS) bietet ebenfalls eine freiwillige Betreuung am Nachmittag an,
diese ist jedoch von den Eltern bzw. Kindern frei wählbar. Hier machen die Kinder nach dem
Mittagessen Hausaufgaben und danach gibt es Kurse, AGs oder freies Spiel. Bei meiner Tochter
sieht es beispielsweise an einem Donnerstag so aus: 13:00 bis 13:45: Mittagessen, 13:45 – 14:30
Hausaufgaben, 14:30 – 16 Uhr Turnangebot in der Sporthalle. Häufig kooperieren die Schulen am
Nachmittag mit einem Träger, wie z.B. dem Roten Kreuz oder einer naheliegenden Kita. Das
Personal am Nachmittag wird dann von dem Träger eingesetzt. d.h. es sind oft nicht unbedingt
Lehrer, die die Kinder im Nachmittagsbereich betreuen. Das wird an jeder Schule unterschiedlich
gehandhabt. Hier lohnt es sich auch, sich im Vorwege zu informieren.

Anmerkung der Redaktion: An unserer Schule gibt es die GBS, aber dennoch sind die Nachmittage freiwillig wählbar, mindestens 3x bis 15 Uhr wird gern gesehen. Es ist aber kein Problem, wenn Kinder früher abgeholt werden.

11. Können Eltern ihr Kind auch auf eine Grundschule schicken, die nicht ihre Einzugsschule
ist?
Ja, grundsätzlich können Eltern jede Schule als Erstwunsch angeben. Es kann dann aber sein, dass
das Kind nicht genommen wird, wenn z.B. die Klassen schon voll sind. Bevorzugt werden immer
Kinder aus dem Einzugsgebiet. Und dies wird anhand des Schulwegs ermittelt. In Hamburg lautet
das Motto: „Kurze Beine-kurze Wege“

12. Was hältst du von freien Schulen und ihren Konzepten?

Zum Beispiel Montessori, Waldorf und andere Freilernschulen? Es gibt ja auch welche, in denen Kinder verschiedener
Jahrgänge in einer Klasse sind.
Ich finde, dass diese Schulen gute Ansätze haben und häufig den Kindern individuell gerechter
werden können als staatliche Schulen. Nachteile sind meiner Meinung nach die oft hohen Kosten
und langen Schulwege, wenn diese Schule nicht gerade nebenan ist.

13. Soweit ich weiß, ist Hamburg das einzige Bundesland, dass eine Vorschule in der Schule
anbietet. Magst du dazu etwas sagen? Kannst du Eltern eine Vorschule in Hamburg ans
Herz legen?
Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass die Vorschulen gute Arbeit leisten in Bezug auf die
Vorbereitung der Kinder. Besonders werden Fertigkeiten geübt, die wichtig sind für das erste
Schuljahr, wie z.B. der Umgang mit Schere, Stift, etc. Die Kinder werden langsam an einen
strukturierten Schulalltag herangeführt, zu dem auch das Einhalten von Regeln und das Einüben
von Ritualen gehört. Die Schüler lernen das Schulgelände und auch die Lehrer kennen, und
gewöhnen sich an ältere Schüler. Fachlich werden schon erste Erfahrungen gesammelt im Bereich
Sprache und Schrift, Zahlen, Umwelterziehung, ohne dem Unterricht der ersten Klasse
vorzugreifen.

Die meisten Kitas haben allerdings auch eigene Vorschulgruppen, die z.B. 3 Tage die Woche
stattfinden. Im Idealfall werden auch hier die oben genannten Fertigkeiten geübt und Schule
„gespielt“ wie z.B. mit festen Pausenzeiten und Ritualen.

Man sollte für sein Kind überlegen, wann der „Übergang“ in das neue System Schule geeigneter ist.
Hier sollten Eltern sich auch gut über die Vorschularbeit in ihrer Kita informieren und abwägen, wo
sie ihr Kind im Vorschuljahr besser aufgehoben fühlen.

14. Gibt es Dinge, durch die wir unsere Kinder auf die Grundschule vorbereiten können?

Ich kann mir vorstellen, dass Kinder Probleme haben, sich an die plötzlich geltenden Regeln zu
halten und sich konzentrieren zu müssen.
Wie schon gesagt, ist genau das auch die Aufgabe der Vorschule, die Kinder behutsam darauf
vorzubereiten. Selbst Kitakinder lernen ja schon erste Regeln und ritualisierte Tagesabläufe
kennen. Und auch in der ersten Klasse müssen die Kinder ja nicht vom ersten Tag an nur 5
Stunden auf dem Stuhl sitzen und sich sofort an jede Regel halten können. Das wird im ersten
Schuljahr gerade in den ersten Wochen und Monaten noch viel geübt. Hier können die Kinder
erstmal ankommen, es gibt auch hier noch viel Zeit für Spiel und Spaß und nach und nach lernen
die Kinder alles kennen.

Das soziale Miteinander und zu lernen, Teil einer Gruppe zu sein, steht auch hier noch im Vordergrund. Es ist vorteilhaft, wenn die Kinder auch in der Kita oder Vorschule das soziale Miteinander mit Gleichaltrigen erlernen.


Wichtig ist (und das fällt uns Eltern oft schwer), dem Kind mehr zuzutrauen und auch mal
loszulassen.
Das sind so Kleinigkeiten, wie der Gang zur Toilette, oder die Jacke und Schuhe alleine
anzuziehen, Spielsachen selber aufräumen lassen,… Das sind Dinge, die man als Eltern gut mit den
Kindern einüben kann. Tipps zur Einschulung: Das ist meiner Ansicht nach viel wichtiger für den Schuleinstieg als zu Hause schonmal Buchstaben und Zahlen zu pauken.

Gilt heute die Lautsprache?

15. Wird in jeder Grundschule das ABC gelernt, wie wir es früher lernten oder gilt heute die Lautsprache?
In der Regel werden erstmal „Laute“ erlernt, also z.B. das L nicht wie „El“ ausgesprochen, sondern
einfach „l“. Das geschieht auch nicht in der Reihenfolge des Alphabets, sondern je nach
Deutschlehrwerk der Schule z.B. erstmal L, O, M, A, …, so dass die Kinder auch erste Wörter und
Silben lesen und schreiben können, wie z.B. „Mama, Oma, Lama“, etc. Es gibt so genannte
„Anlauttabellen“ mit Bildern, die den Kindern helfen, den „Laut“ zu erkennen und mit dem
Buchstaben zu verbinden (z.B. N wie Nase, G wie Gabel, I wie Igel etc.)

Ab wann gibt es Noten?

16. Erhalten die Kinder schon in der Grundschule Noten? Ich habe Bedenken, dass es sich für
Kinder nicht gut anfühlt, schlecht benotet und bewertet zu werden. Kinder beziehen ja viel
auf sich selbst.

In Hamburg gibt es erst ab Klasse 3 Noten. Hier können die Eltern aber wählen, ob das Kind schon
Noten bekommen soll oder nur ein reines Berichtszeugnis. Ab Klasse 4 gibt es auch Noten im
Zeugnis.

17. Wenn ich merke, dass mein Kind unglücklich in seiner Klasse ist, gibt es die Möglichkeit,
einen Klassenwechsel vorzunehmen? Oder sogar einen Schulwechsel?
Ja, das ist im Extremfall möglich. Glücklicherweise sind solche Fälle sehr selten. Hier muss schon
wirklich ein massives Problem vorliegen, dass solche Schritte notwendig sind. Es ist ganz natürlich,
dass man als Eltern Angst davor hat, das Kind könnte unglücklich sein in der Schule, in der Klasse,
mit den Lehrern. Wenn das tatsächlich der Fall ist, wäre immer der erste Weg, das Gespräch mit
der Klassenlehrkraft zu suchen.

Mobbing

18. Die Angst aller Eltern. Hast du schon Mobbing unter Grundschul-Kindern mitbekommen?
Wie kann ich mein Kind auf so etwas vorbereiten?
Auch dies sind Extremfälle und dies habe ich glücklicherweise nur selten mitbekommen. Die beste
Vorbereitung ist das Selbstvertrauen des Kindes zu stärken und auch das Kind zu ermutigen,
eventuelle Sorgen oder Kummer sofort der Klassenlehrkraft mitzuteilen, damit sie sofort eingreifen
kann oder eine Lösung finden kann.

Von Grundschullehrerin an die Eltern:

Grundschullehrerin im Interview zur #einschulung

19. Hast du noch Tipps zur Einschulung oder etwas, dass du als Grundschullehrerin uns Eltern mitgeben möchtest? Ich kann mir vorstellen, dass es auch sehr anstrengend ist, mit den Eltern umzugehen?


Grundsätzlich sollten Eltern darüber nachdenken, dass Lehrer und Eltern beide das Beste für die Kinder wollen, und es nun mal für beide Seiten einfacher ist, an einem Strang zu ziehen.


Eltern haben manchmal eine andere Vorstellung davon, wie der Schulalltag heutzutage aussieht bzw. wie so ein Schultag abläuft. Auch hier ist es wichtig, sich vorab gut zu informieren.

Gerade deshalb ist die Teilnahme an Elternabenden und Infoabenden so wichtig, damit Fragen beantwortet
werden können und die Eltern besser vorbereitet sind, was auf ihre Kinder zukommt.


Ein Grundschulkind ist eines von bis zu 25 (oder mehr) anderen Kindern in der Klasse. Jedes Kind
bringt unterschiedliche Fähigkeiten und Bedürfnisse mit. Auch wenn man sich als Klassenlehrkraft
größte Mühe gibt, jedem Kind gerecht zu werden, kann sie sich nicht den kompletten
Schulvormittag nur um ein Kind allein kümmern. Leider wird das von vielen Eltern nicht gesehen
oder gar erwartet.

Tipps zur Einschulung

Hier sind noch ein paar Tipps zur Einschulung, die den Schulalltag für alle Beteiligten erleichtern können:

  • Täglich in den Schulranzen schauen: Elternbriefe?, Hausaufgaben?, Stifte angespitzt?,
    Federtasche vollständig?
  • Passen die Hausschuhe, Sportsachen, Wechselklamotten noch?
  • Sporttasche einmal die Woche mitbringen lassen, sonst Müffelgefahr
  • Toilettengang üben!
  • Schuhe mit Klettverschluss anziehen, wenn das Kind noch nicht selbst die Schleifen binden
    kann
  • Mit dem Kind gemeinsam besprechen, was in die Brotdose soll, ansonsten bringt es
    eventuell den kompletten Inhalt wieder mit.
  • Trinkflasche mitgeben, die das Kind selbst öffnen und schließen kann
  • Ein kleiner Tipp zur Übung der Feinmotorik: Kreisel in allen Varianten schenken (ist gut für
    die Haltung mit dem Bleistift)
  • Möglichst alles mit Namen des Kindes beschriften (Kleidung, Stifte, etc.)

Anmerkung: Ich möchte euch an dieser Stelle das eigens von mir entwickelte Pendelheft ans Herz legen!
 

Und natürlich: loben, ermutigen, erzählen lassen, zuhören!

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